22.11.2009
An der Arabischen See
Abends
an der Arabischen See.
Nein, die See ist kein See,
sie ist ein gewaltiger Ozean.
Der Mond steht mit sinkender Sichel
über dem glitzernden Wasser,
zieht es zu sich, verursacht jetzt Ebbe.
Flach ist es, weithin brechen sich die Wellen.
In der Ferne links ist der Schatten
eines gestrandeten Frachters zu sehen.
Er hieß einmal Princess,
soll wieder ans Pier geschleppt werden.
Das Licht eines Leuchtturms
huscht über alles hinweg.
Am Horizont in der Mitte
eine lange Reihe von Lichtern.
Rostige Frachter liegen auf der Reede,
einer hinter dem anderen,
auf Aufträge wartend, Sicherheit suchend.
Nicht nur Haie, auch Piraten
soll es dort geben.
In der Ferne rechts schießen
Raketen in die dunkle Höhe.
Im Nachbarort amüsiert sich
bis spät in den Abend recht wild
die wohlhabende Jugend.
Nachts
an der Arabischen See.
Die Mondsichel ist wie ein Mini-Schiff
im Meer untergegangen,
die Lampen und Kerzenlichter
der lustigen Beach-Shacks erloschen,
die Bäuche gefüllt, die Betten bezogen.
Am Strand am Rande des Weges
liegen zeltartige Hütten, mit Schilf gedeckt.
Davor stehen Liegestühle
aus Brettern und beständigem Holz.
Am Tage dienen sie den Touristen,
des Nachts sind sie mit Indern gefüllt.
Streunende Hunde umlagern sie,
die selber nichts haben.
Kühl ist es jetzt,
sie sind in Decken gehüllt,
jeder für sich.
Gibt es keine Liebe
zwischen ihnen ?
Auch ihre Kleidung scheint diese,
obwohl schön, eher zu verhindern.
Ein Rätsel bleibt, wieso
es trotzdem von Kindern
überall nur so wimmelt.
Morgens
an der Arabischen See.
Kein Mensch geht so früh
hinunter ans scheinbar glatte Meer.
Doch schnell weicht die Dunkelheit.
Die Hunde umkreisen
den neugierigen Menschen,
der, aus der Kühle kommend,
im warmen Hemd und warmer kurzer Hose
seine Füße ins warme Wasser eintaucht
und langsam weiter hinein watet..
Für andere ist er wohl von weitem
schwarz gekleidet kaum sichtbar.
Gleichmäßig rollen die Wellen
sich brechend ans Ufer heran.
Gewiss 50 Meter misst trotz Flut der Strand,
keine 5 Meter davon überspülen die Wellen.
Doch gleichmäßig hoch sind sie gar nicht.
Plötzlich rollt eine größere, voll schäumend,
auf ihn hinzu, ihn halb durchnässend.
Und dann folgt ein wahres Ungetüm, -
ist das eine kleine Tsunami ?
Verschüchert rennt er zum sandigen Strand,
doch statistische Schwankungen
gibt es zuhauf in dieser Welt.
Es ist kühl, zum ersten Mal friert er
in diesem tropischen Land.
Tagsüber
an der Arabischen See
herrscht die herrliche Normalität,
die nicht hinterfragt werden soll.
Im Shack flitzen fleißige Inder,
servieren ein frugales Frühstück.
Ein kleiner Boy bietet Zeitungen an,
Zwei Briten babbeln bedeutsames
und lachen aus vollem Herzen.
Russen reden ihre eigene Sprache,
und beobachten die Anderen schweigend.
Ist Muesli besser als Toast in der Hitze ?
Die Hauptaufgabe des Touristen ist schwitzen.
Sonnenöl und Sonnenbraten sind „in“, -
hat je ein Arzt etwas anderes geraten ?
Dann tummelt man sich in seichten Fluten,
tauchen ist für die meisten schon zu viel.
Eine Schönheit wird schnell umlagert, -
je smarter der Mann, desto besser.
In lange bunte Gewänder gehüllte Frauen
bieten genau solche Tücher an zum Kauf
und laufen mit trippelnden Schritten weiter.
Patrouillen im Jeep oder Hubschrauber
fauchen die Küste entlang.
Ob sie häufig einen Nackten fangen,
oder auf einem Scooter einen Fremden,
der kein Dokument dafür hat ?
Doch fast unbemerkt schiebt sich auf Händen
ein dunkler Krüppel den Strand entlang.
Ein Bein fehlt ganz, das andere baumelt
vor ihm, in der Luft hängend,
mit einem zu großen Fuß daran.
Behende kommt er voran,
fragt keinen um Almosen.
Wovon er lebt,
und wie er leidet, -
wer weiß das
wirklich ?